Die zwei Hemisphären des Gehirns
Die rechte Gehirnhälfte steuert mehr die Intuition, Kreativität, Symbole und Gefühle. Diese Gehirnhälfte wird durch Metaphern aktiviert, durch die beim Zuhörer eigene, dazu passende Bilder, Symbole, Melodien oder Gerüche entstehen können. Das Rohmaterial der Gedanken, die aufblitzenden Ideen, die Bilder, ja alle Sinneseindrücke werden rechts bearbeitet.[1] Bei Kandel heisst es: „[…] greift die rechte Hirnhälfte meist auf Fantasie und Vorstellungskraft zurück, hat das große Ganze im Blick und setzt sich mit Symbolen, Bildern, Risikobereitschaft und Impulsivität auseinander.“[2]
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Die linke Gehirnhälfte ist verantwortlich für Sprache, Lesen, Rechnen, Logik, Regeln, Gesetze, Konzentration auf einen Punkt, Analyse, Detail, Wissenschaft, Einzelheiten, Zeitempfinden, Linearität. Die linke Gehirnhälfte ist also für alles zuständig, was im allgemeinen Verständnis als Denken bezeichnet wird. Sie denkt in Sprache, in Begriffen, sie denkt logisch, analytisch. Die rechte Gehirnhälfte ist verantwortlich für Körpersprache, Bildersprache, Intuition, Gefühl, Spontaneität Sprunghaftigkeit, Neugier, Spielen, Risiko, Synthese, Überblick, Kunst, Kreativität, Tanz, Musik, ganzheitliche Zusammenhänge, Raumempfinden.
Wie die Beiden interagieren und wie unterschiedlich die linke und die rechte Hemisphäre in der Informationsverarbeitung sind, ist eben „daß die linke Hemisphäre verbal und analytisch, die rechte hingegen auf eine nonverbale, ganzheitliche Weise mit Sinneswahrnehmungen umgeht.“[1] Immanent zur Erforschung der beiden Gehirnhälften, weiß man, dass die beiden auf verschiedenste Weise zusammenzuarbeiten vermögen.
Jede Gehirnhälfte hat spezielle Fähigkeiten und übernimmt einen bestimmten Modus der Informationsverarbeitung, kann aber auch alleine arbeiten „wobei die eine Hälfte ein-, die andere mehr oder weniger ausgeschaltet ist“[2]. Die beiden Gehirnhälften können in ein direktes Konkurrenzverhältnis geraten und „… zwar dann, wenn die eine Hälfte eine Aufgabe auszuführen versucht, von der die andere weiß, dass sie sie besser zu lösen versteht.“[3]
„Demzufolge gibt es beim Problemlösen, wie auch in der Entscheidungsfindung, einen bereits bestehenden unbewussten Hirnzustand, der die Person in die Lage versetzt, sich entweder für eine kreative oder eine methodische Strategie zu entscheiden. […] die linke Hirnhälfte sei auf analytische Organisation und daher auf die Struktur von Sprache spezialisiert, während die rechte Hirnhälfte auf die Verknüpfung von Reizen mit Reaktionen spezialisiert sei und somit auf die assoziative Verbindung von Ideen mit dem Ergebnis neuartiger Ideenkombinationen.“[4]
Rechte Gehirnhälfte wird bei Schuleintritt verdrängt
Forschungen haben gezeigt, dass die rechte Gehirnhälfte ab dem Schuleintritt eines Kindes in eine untergeordnete Rolle gedrängt wird und die linke Gehirnhälfte an Präsenz gewinnt. Die zwei Faktoren, welche Hemisphäre eine Handlung lenkt, sind Schnelligkeit und Motivation. Schnelligkeit bedeutet, welche Hemisphäre findet am raschesten Zugang zu der Aufgabe und mit Motivation wird definiert, welche der Hemisphären interessiert sich am meisten für die Aufgabe[5]. Für ein ausgewogenes Miteinander der beiden Hemisphären gilt es, die Tätigkeit der rechten Gehirnhälfte aktiv zu stärken (z.B. Malen, Zeichnen, Musizieren), damit sie die für sie relevanten Informationen aufgreift, übernimmt und verarbeitet.
Die Differenzierung von links und rechts zeigt sich nicht nur in unserem täglichen Sprachgebrauch, wo die Wörter rechts und links häufig als qualitative Wertungen verwendet werden, man spricht z.B. von linkischem Verhalten oder rechtem Lebenswandel[6]. „Sondern auch im Rahmen der Erziehung und in der Schule wird immer noch eine Ausrichtung in linke und rechte Gehirnhälfte geprägt, in dem das Bildungswesen allein auf die Förderung der sprachlichen, rationalen, zeitgemäßen linken Hemisphäre ausgerichtet ist“[7].
Das halbe Gehirn eines jeden Schulkindes bleibt buchstäblich ungenutzt. […] Die linke Hemisphäre aus- und die rechte einzuschalten dürfte entscheidend dafür sein, dass das rechte Hirn visuelle Informationen auf die Weise aufnimmt und verarbeitet, die notwendig ist, um sehen und zeichnen zu können, während das linke Hirn die Außenwelt auf eine Weise wahrnimmt, die dem Zeichenkönnen zuwiderläuft.“[8]
Wie geht das, die rechte Gehirnhälfte zu aktivieren?
Von einer besonderen Bedeutung und Wichtigkeit im therapeutischen Zusammenhang ist es, die rechte Gehirnhälfte – „die des Träumers, des Künstlers, des Schöpfers und Erfinders“[9] – bewusst zu aktivieren, der rechten Gehirnhälfte so mehr Raum zur Entfaltung zu geben und damit für kreative Auszeiten, Ausgeglichenheit und für psychische Gesundheit zu sorgen.
Kreativität beansprucht die rechte Hemisphäre der Großhirnrinde, und dort insbesondere den rechten vorderen oberen temporalen Gyrus und den rechten parietalen Cortex. Wenn Versuchspersonen sprachliche Probleme lösen, die kreative Einsichten veranlagen, nimmt die Aktivität in dieser Region des rechten Temporallappens zu. Darüber hinaus kommt es 0,3 Sekunden vor einer solchen Einsicht in derselben Region zu einer plötzlichen Zunahme hochfrequenter Aktivität.
Dieses charakteristische Aktivitätsmuster im rechten Temporallappen lässt vermuten, dass dieser Hirnbereich Informationen unbewusst integrieren muss, um zu kreativen Lösungen zu gelangen. Diese Ergebnisse sind vor allem deshalb interessant, weil man das Verkünden einer Reihe von Unterschieden zwischen ‚linkem Gehirn‘ und ‚rechtem Gehirn‘ – von der Sprache abgesehen – lange Zeit für pseudowissenschaftlich hielt.
So behauptete man in den 1980er-Jahren erstmals, die linke Hirnhälfte sei eher analytisch und logisch, die rechte hingegen eher ganzheitlich und intuitiv ausgerichtet. Zahlreiche Studien scheiterten bei dem Versuch, diese pauschale Behauptung zu bestätigen. Vielmehr deuten sie im Wesentlichen darauf hin, dass für kognitive Aktivitäten, wie Musik, Mathematik und logische Schlussfolgerungen, beide Hirnhälften zuständig sind. Die von Robert Ornstein dargelegten Resultate einer Reihe systematischer Studien aus jüngerer Zeit legen jedoch nahe, dass zumindest bestimmte Arten von Einsichten insbesondere die rechte Hirnhälfte beanspruchen.[10]
Diese Erkenntnisse der Hemisphärenforschung nutze ich als Kunsttherapeutin und in meiner Arbeit als Kreativ Coach
[1] Edwards, Betty, 1982, S. 44
[2] Edwards, Betty, 1982, S. 46
[3] Edwards, Betty, 1982, S. 46
[4] Kandel, Eric 2012, S. 553
[5] Vgl. Edwards, Betty, 1982, S. 58
[6] Vgl. Edwards, Betty, 1982, S. 47
[7] Edwards, Betty, 1982, S. 51
[8] Edwards, Betty, 1982, S. 47
[9] Edwards, Betty 1982, S. 52
[10] Vgl. Kandel, Eric, 2012, S. 549f
Auszug aus der Masterarbeit von Maria Erlebach MA (c) 2017 an der SFU